Digitale Selbstverteidigung für Mädchen* und Frauen* in Bremerhaven

Ein Projekt für mehr Sicherheit Teilhabe im Netz

Ob auf TikTok, bei Roblox oder im Gruppenchat: Der digitale Raum ist für viele junge Menschen ein Ort des Austauschs, der Information und der Selbstdarstellung. Doch gerade Mädchen, junge Frauen, inter, trans und nichtbinäre Personen sind hier zunehmend mit Formen digitaler Gewalt konfrontiert – von Cybermobbing über Hate Speech bis hin zu Cybergrooming oder der ungewollten Verbreitung intimer Inhalte.

Diese Entwicklungen führen oft zu einem Gefühl der Ohnmacht und Unsicherheit. Um dem entgegenzuwirken, wurde im Mai vom Schulamt Bremerhaven ein Projekt gestartet, das sich gezielt an weibliche und queere Schüler*innen in Bremerhaven richtet. Mit der Durchführung wurde das ServiceBureau Jugendinformation beauftragt.
 

Digitale Gewalt: Ein strukturelles Problem

Digitale Gewalt ist in den Lebenswelten junger Menschen allgegenwärtig. In Onlinespielen erleben viele Gamer*innen Hass, wobei insbesondere auch der identitätsbezogene Hass zunimmt. Dazu gehört auch die geschlechtsspezifische Diskriminierung: Laut der Beratungsstelle HateAid machen Frauen und Mädchen zwei Drittel der Betroffenen aus, die dort Unterstützung suchen. Die Gewalt äußert sich in vielfältiger Form – sei es durch sexistische Kommentare, Deepfake-Pornografie oder Doxing. Besonders betroffen sind zudem Personen, die mehrfach marginalisiert sind. Auch öffentlich auftretende Frauen und queere Personen auf Social Media werden häufig Zielscheibe von Beschimpfungen und Hass. 

Die Istanbul-Konvention, ein völkerrechtlicher Vertrag zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, erkennt solche digitale Gewalt explizit als ernstzunehmendes Risiko an. 2011 wurde der Vertrag durch den Europarat in Istanbul aufgesetzt und ist 2018 auch in Deutschland in Kraft getreten. Im Landesaktionsplan Bremen sind deshalb Maßnahmen gegen häusliche und sexualisierte Gewalt fest verankert. Doch die Umsetzung von Maßnahmen gegen digitale Gewalt stand noch aus. Das Projekt ist deshalb nun Teil des Landesaktionsplans Istanbul-Konvention, der 2021 erstellt wurde und zunächst Maßnahmen für einen Zeitraum von 4 Jahren festschreibt.
 

Das Projekt

Das Projekt sieht im 1. Schulhalbjahr 2025/26 kostenlose, flexible Workshops für die Sekundarstufe I vor – als Projekttage/-wochen, Einzelveranstaltungen oder regelmäßige Treffen. Parallel finden Fortbildungen für Lehr- und Fachkräfte statt, die Wissen und Handlungskompetenz vermitteln.

Die Workshop-Inhalte werden alters- und bedarfsgerecht gestaltet. Lehrkräfte, Schulsozialarbeit und weitere Bezugspersonen können einbezogen werden, um nachhaltige Strukturen zu schaffen. Ein zentraler Aspekt dabei ist die Schaffung eines geschützten Raumes: Hier dürfen Wut und Frust raus, aber auch Kreativität, Solidarität und Visionen für eine digitale Welt, in der alle sicher und sichtbar sein können.
 

Gewalt erkennen und sich wehren

Mit praktischen Tipps und Übungen lernen die Teilnehmenden, wie sie Bedrohungen frühzeitig erkennen, sich und andere schützen, Gegenrede leisten und Hilfsangebote finden können. Dabei sollen feministische Perspektiven gestärkt und Fragen zu Geschlechterrollen, Diskriminierung und Teilhabe im digitalen Raum diskutiert werden. Ziel ist es, das Selbstbewusstsein im Umgang mit digitalen Medien zu stärken – nicht durch Verzicht, sondern durch Wissen, Vernetzung und Mut zur Gegenwehr. Teilnehmende werden eigene Inhalte erstellen, um digitales Selbstbewusstsein aktiv und kreativ zu leben. Begleitende Social Media Beiträge verbreiten die Ergebnisse und erreichen so auch die erweiterte Zielgruppe.
 

Bisherige Umsetzung und Ausblick

Das Projekt wurde bisher an mehreren Schulen in Bremerhaven umgesetzt und hat zu spannenden Gesprächen und Ergebnissen geführt. Dabei konnten die Jugendlichen auch eigene Ideen festhalten, sich austauschen und an der Dokumentation der Erkenntnisse beteiligen.

Es sind weitere Workshops an Schulen geplant, die wahlweise einen bestimmten Schwerpunkt behandeln oder das Ziel verfolgen, die Schüler*innen allgemein für das Thema zu sensibilisieren. Anmeldungen sind fortlaufend für Schulen in Bremerhaven möglich.

Parallel werden auch außerschulische Workshops in Kooperation mit „Arbeit und Leben“ angeboten, die in den Herbstferien beginnen. Über unser Padlet findet man alle Details zur Anmeldung.

Für Lehrkräfte und Fachkräfte aus der Jugendarbeit werden fortlaufend Fortbildungen angeboten, für die man sich im SEFO VA System anmelden kann. Diese Veranstaltungen stehen Fachkräften aus dem gesamten Land Bremen offen. 
 

Fazit

Digitale Selbstverteidigung ist mehr als Technikwissen. Sie ist ein feministischer, intersektionaler Akt der Selbstermächtigung. In einer Welt, in der digitale Gewalt allgegenwärtig ist, brauchen Mädchen, Frauen und Queers Räume, in denen sie sich austauschen und informieren können. Diese längst überfällige Möglichkeit wird nun in Bremerhaven umgesetzt und bestenfalls fortgeführt – auch an weiteren Orten.


Sie interessieren sich für dieses Projekt? Für weitere Informationen wenden Sie sich gerne an Ronja Korfe im ServiceBureau.

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